Soeben habe ich den Col de Romeyere bezwungen, ein anstrengender Paß, aber wesentlich spektakulärer, als er steil ist. Ein in den Fels geschlagenes Wunder der Ingenieurskunst und der erste Teil meiner Vercorrunde. Von der Richtung, in die weiter will, ziehen bedrohlich schwarze Wolken hoch, die ersten Tropfen treffen mich. Mein Plan ist durchkreuzt, ich drehe um, trete, wie ich eben kann. Ich will so schnell wie möglich zurück, damit mein Rad nicht ungebührlich leiden muß. Unten im Tal drücke ich nach Zeitfahrmanier, die Augen auf dem Seitenstreifen, dem ich folge, und dem Tacho, der mich mit großen Zahlen motiviert, während dicke, aber angenehm warme Tropfen auf mich einprasseln, ein nicht enden wollender Gewitterguß.
Ich bin nicht böse, einmal im Jahr kann man naß werden, das gehört dazu. Trotzdem halte ich an, als mir Giovanni mit seinem Fiat Panda zuwinkt. Sein Fahrrad macht sich schon auf den Rücksitzen breit, meins soll auch noch rein. Unmöglich, in so eine Flohkiste? Nach gehörigem Schütteln und Rütteln sind wir schließlich alle vier im Auto und fahren warm und trocken Grenoble entgegen. Ich habe keine Ahnung, wer Giovanni ist, wie er dazu kommt, mich mitzunehmen. So ist er halt, denke ich mir, freundlich und gesellig, ein Sizilianer. Er erzählt mir, daß er früher viele Jahre in München arbeitete und jetzt hier lebt. Heute morgen hatte er ein Rennen im Vercors, nun kauderwelscht er mit mir mit trappatonischem Mut an Worten. Den Sätzen fehlt jede Grammatik, dafür sind die Sprachen reichlich vertreten. Auch ich trage zur linguistischen Verwirrung bei. Schließlich halten wir vor meiner Wohnung, es regnet immer noch. Ich winke ihm nach, mille grazie.