Heute bin ich mal wieder ins Vercors gefahren. Das ist einer der drei Gebirgszüge, die Grenoble umschließen, mit gewaltigen Schluchten, aber relativ moderaten Steigungen. Die Straße von Sassenage nach Lans war Ort meiner ersten Ausfahrt in Frankreich. 800 Höhenmeter auf 19 Kilometer, das haut keinen aus den Socken, strengte mich im April aber ungebührlich an. Heute war alles anders. Zum ersten Mal seit langer Zeit kämpfte ich an einer Steigung nicht mit dem Berg, sondern mit mir. Die Unterschiede sind gravierend.
Ist der Anstieg zu steil für die Kraft, muß man den Berg bekämpfen. Der Blick ist auf den Meter Asphalt vor dem Vorderrad geheftet. Quälend langsam kommt der Paß näher. Bei jeder Pedalumdrehung stellt sich die Frage, ob man es schafft. Das Vorankommen ist mühsam, die Beine schmerzen, die Motivation ist lau. Umdrehen und Ins-Tal-Rollen, die totale Kapitulation, ist sehr verlockend. Der Berg ist der Meister, dem Radler werden die Grenzen aufgezeigt.
Ganz anders, wenn es läuft, wenn die Kraft stimmt, die Beine gut sind. Nur der Kopf entscheidet jetzt über die Geschwindigkeit, der Körper muß mit. Ein großer Gang und runder Tritt bügeln die Steigung platt. Rad und Fahrer vereinigen sich, um gemeinsam dem Willen zu gehorchen. Runterschalten, es ruhiger angehen, hat als Alternative keinen Reiz. Der Berg als Prüfstein des Durchhaltevermögens, ein Element der Prüfung, die der Mensch sich selbst stellt.
So war es also heute, als ich während des ganzen letzten Drittels nur im großen Blatt fuhr. Jeder Blick auf den Tacho gab mir einen weiteren Schub und stärkte den Willen, das Brennen in Beinen und Lunge zu ignorieren. Ich fuhr ein Rennen. Aber nicht gegen den Berg, sondern gegen mich. Und ich triumphierte.
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