Thursday, September 08, 2005

Konsumverweigerung

Ich fahre in Finanzdingen zweigleisig. Zum einen habe ich meine Bank um die Ecke, die mir in Alltagsdingen nützlich ist. Zum anderen erledige ich auch viel online, vor allem längerfristige Dinge. Was weiß ich, wo ich in ein paar Jahren bin. Ich will sicher sein, daß meine Bank dann noch bei mir ist. Um mir das zu erleichtern, habe ich bei einer großen deutschen Internetbank ein Konto eröffnet. Heute gab es die ersten Probleme, und ich mußte anrufen. In Deutschland kostet sowas.

In den USA ist das anders. Ich wollte meine Visakarte kündigen, weil ich sie nicht mehr nutze und die 60 Euro im Jahr lieber in ein paar Kisten Wein investiere. Hinten auf dem Kärtchen stehen allerlei Nummern. Natürlich die 800er, die innerhalb der USA nichts kostet, aber auch eine kostenlose Nummer für internationale Anrufer. Man stelle sich das vor! Ich bin als Kunde so gerne gesehen, daß mich Visa nicht mit den Telefongebühren belasten will.

Der nette Mitarbeiter konnte nicht verstehen, daß ich keine Kreditkarte mehr brauche, aber doch, daß ich nicht für sie zahlen will, wenn ich sie nicht nutze. Also schlug er vor, meine alte Karte zu sperren und mir dafür die kostenlose Einsteigerkarte zuzuschicken. Der Kunde ist König. Jetzt habe ich zwar keine Flugverspätungs- und Mitwagenversicherung mehr, aber eine Karte für eventuelle Notfälle.

In Deutschland wird gern die Bevölkerung für das Ausbleiben des Aufschwungs verantwortlich gemacht. Der Kunde verweigert sich dem Konsum. Das ist sicher so, hat aber seine Gründe. Mir scheint, daß sich die Wirtschaft dem Kunden verweigert, ihn nur als Belastung oder Ruhestörung sieht. Wenn man sich um mich bemüht, kaufe ich auch gerne. Aber zur Zeit eben nicht in Deutschland.

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